Um nach Æmberwyn zu gelangen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum einen über den Landweg, der sicherlich am häufigsten genutzt wird, da Æmberwyn keine wirkliche Küste hat. Zum anderen gibt es aber auch die Möglichkeit, von der Meeresküste mit einem Flußkahn stromaufwärts auf dem Beorndæl nach Æmberwyn zu reisen. Als gefährlich und unzuverlässig werden jedoch Teleportationen und Dimensionstore betrachtet. Es wird erzählt, daß mystische Wesen über die Welt wachen und derartiges Reisen sofort unterbinden. Aber selbst wenn diese Geschichten nicht wahr wären, so sieht es die Obrigkeit gar nicht gerne, wenn ein öffentlicher Grenzübergang durch solcherlei suspekte Magie gemieden wird, wenn sie denn überhaupt einmal funktioniert.

Æmberwyn selbst ist ein schönes, kleines Land. Es herrscht ein sehr gemäßigtes Klima, das zusammen mit dem fruchtbaren Boden für reichhaltige Ernten sorgt. Etwa ein Drittel Æmberwyns ist von dichtem Wald bedeckt, den großen Rest stellen idyllische Hügellandschaften dar, zuweilen von Flüssen und Seen unterbrochen. In Æmberwyn gibt es nur einen nennenswerten Gebirgszug, Zwergenheim wird er genannt und der Name spricht für sich. Er liegt im Nordwesten des Reiches und bildet dort zusammen mit seinen zwei Ausläufern eine natürliche Grenze. Im weiteren Norden bildet der Fluß Beorndæl Grenze. Im Westen finden sich viel bewaldetes Hüggelland, eine genaue Grenze zu dem Niemandsland der Steppen, die dann folgen gibt es jedoch nicht. In weiten Teilen des Südens ist es schließlich der Alte Wald, der Æmberwyn von den wilden Orks der südlichen Grasländer trennt. Nur wenige große Städte sind in Æmberwyn zu finden, wie zum Beispiel die Hauptstadt Lyndæl. Meistens handelt es sich dabei um traditionelle Handelsknotenpunkte oder alte Festungen, um die sich die Menschen geschart haben. Die Epoche Æmberwyns läßt sich am ehesten mit frühem Mittelalter beschreiben, aber es gibt auch Elemente anderer Epochen. Feuerwaffen sind jedenfalls fast überall unbekannt. Entsprechend ist mit Argwohn und Mißtrauen zu rechnen, wenn jemand mit einer solchen Waffe gesichtet wird.

Wer sich nach dem Herrscher von Æmberwyn erkundigt, wird erfahren, daß Æmberwyn ein kleines Fürstentum ist, das schon vor langer Zeit sich von einem der benachbarten Reiche abgespalten hat. Ihro Durchlaucht, der Fürst von Æmberwyn, war zuletzt Graf Sieghelm vom Berg. Im Sommer letzten Jahres verschwand der Fürst spurlos, als er den Aufbau einer neuen Grenzmiliz auf dem alten Handelsposten Elbyndæl inspizierte. Das Herrscheramt wird in Æmberwyn nicht vererbt, wie es vielerorts üblich ist, sondern der Fürst wird von den Fürstmarschällen, in ihrer Gesamtheit auch Kronrat geheißen, auf Lebenszeit gewählt. Die Fürstmarschälle sind die ranghöchsten Adligen Æmberwyns. Daneben haben auch die beiden Hohepriester des göttlichen Paares und das Gildenoberhaupt der Magiergilde einen solchen Rang inne. Eine Legende, die gerne Fremden in der Taverne erzählt wird, besagt, daß der Fürst nicht einmal von adeliger Geburt sein müsse. Die Fürstmarschälle könnten jeden Mann oder jede Frau zum Herrscher küren. Und so sei es vor etlichen Hundert Jahren gekommen, daß ein einfacher Schmied ~ zugegebenermaßen der Beste des Landes und über die Landesgrenzen hinaus weitgerühmt ~ zum Fürsten erhoben worden war. Nachdem der alte Fürst verschwunden, sein Tod aber noch ungewiß ist, hat der Kronrat entschieden, daß Graf Fælwyn von der Brücken, ehemals Hauptmann der fürstlichen Leibgarde, für ein Jahr, einen Mond und einen Tag als Truchseß von Æmberwyn im Namen des Fürsten regieren soll. Erscheint der Fürst nicht binnen dieser Zeit, wird vom Kronrat ein neuer Fürst gewählt.

Wie man dem oben gesagten schon entnehmen kann, gibt es in Æmberwyn eine vorherrschende Religion, die auch in den meisten angrenzenden Nachbarländern weit verbreitet ist. Dies ist der Glaube an Beorn und Semiramis, das göttliche Paar, die gemeinsam die Welt erschaffen haben und nun über sie wachen. Als heilig gelten daher auch alle Potenzen der Zwei sowie die Eins, die die Einheit beider Götter symbolisiert. Gegenspieler der beiden ist Tarnot, ein dunkler Gott der Zerstörung und Vernichtung. Da er der Dritte ist und das Gleichgewicht stört, gilt die Drei und auch alle anderen ungeraden Zahlen grundsätzlich als böse, unheilig und unglückbringend. Der æmberwynschen Kirche stehen zwei Hohepriester vor, ein Mann und eine Frau, die jeweils Beorn und Semiramis repräsentieren. Die Kirche kennt auch ein paar kleinere Mönchs~ und einen großen Ritterorden: den Orden vom Tempel zu Licht und Lanze Beorns. Andere Religionen werden in Æmberwyn toleriert, solange sie in wenig aufdringlicher Weise ausgeübt werden und nicht der Huldigung eines dunklen Gottes oder Dämonen dienen. Religionen, die solches zum Gegenstand haben oder Blutopfer darbringen, werden von den Templern unerbittlich verfolgt. Im Regelfall endet diese Verfolgung mit der Läuterung des Schuldigen auf dem Scheiterhaufen.

Daneben gibt es noch eine weitere recht wichtige Institution in Æmberwyn: die Magiergilde. In dieser Gilde sind die meisten Magier Æmberwyns organisiert. Die Gilde bietet ihren Mitgliedern Schutz vor gewillkürter Rechtsprechung, da ein Gildenmagier bei einem magischen Vergehen nur von einem anderen Magier gerichtet werden kann. Darüberhinaus ist die Gilde mit ihren Akademien für die Ausbildung der Magier verantwortlich. Im Gegenzug bezahlen alle Magier einen Zwölften an die Gilde. Wer in Æmberwyn nicht Mitglied in der Gilde ist und dennoch Magie wirkt, steht der oben genannte Schutz nicht zu. Wenn sein magisches Wirken fehl geht, ist er dem weltlichen Richter ausgeliefert. Daher sind Magier, die nicht Gildenmitglied sind, selten und verdächtig. Eine Ausnahme gilt für die elfischen Magier, derer zwar auch viele zur Gilde gehören, aber auch etliche es vorgezogen haben, den alten Wegen zu folgen. Ein entsprechender Vertrag mit der Gilde und dem Fürsten hat ihnen solcherlei Rechte zugesichert, wie sie auch der Gilde zustehen. Im Übrigen sollte man als Magier mit seiner Magie Zurückhaltung üben. Gegen einen Heilzauber wird niemand etwas einzuwenden haben, aber jeder Zauber der andere Menschen negativ beeinflußt, ist ein Verbrechen, das je nach Schwere entsprechend geahndet wird, es sei denn es gab besondere Gründe, die ein solches Verhalten rechtfertigen würden. Nie zu rechtfertigen ist die Beschwörung von Dämonen, die Erhebung von Untoten und die Schaffung monströser Kreaturen, wie Golems oder Chimären. Auf eine solche Tat steht der Scheiterhaufen und wieder sorgen meist die Templer dafür, daß der Schuldige gefunden und die Strafe vollstreckt wird. Für die Beschwörung von Elementaren sollte es im Übrigen auch besser einen sehr guten Grund geben. Allerdings sind solche Verbrechen höchst selten in Æmberwyn. Ein schwerwiegendes religöses Verbrechen, als frevelhafte Ketzterei gebrandmarkt, ist den Magiern vorbehalten: Magiern ist es verboten, mittels ihrer Zauberkräfte sich für wundertätige Priester auszugeben, egal welcher Religion. Darüber hinaus ist es ihnen auch verboten, als Priester einer Religion zu wirken, selbst wenn sie dies nicht mit Unterstützung ihrer magischen Macht tun. Diesem fundamentalen Glaubenssatz - der Trennung von Magie und Religion - folgt jeder Anhänger des göttlichen Paares.

Neben diesen religiösen und magischen Verbrechen werden natürlich auch weltliche Verbrechen geahndet. Zu den schwersten gehören hier Mord und Totschlag, Brandstiftung, Schändung und Landesverrat, die allesamt im Regelfall mit dem Tod bestraft werden. Bei Diebstahl, Raub, Entführung, Betrug und ähnlichem kommt man im Regelfall mit dem Leben davon. Je nach Schwere der Tat kann die Strafe von Zahlung einiger Goldstücke über einige Monde Frondienst bis hin zu zehn Jahren Steinbruch oder Gefängnis oder gar dem Abhacken einer Hand reichen. Richter sind die Adligen, auf deren Lehen die Tat geschehen ist, es sei denn ein Lehensherr des Adligen ist anwesend. Je schwerer die Tat, um so eher muß der ranghöhere Lehensherr über den Angeklagten richten. Bei Landesverrat ist dies als ranghöchster Lehnsherr immer der Fürst.

Nun noch einige Worte zur Bevölkerung Æmberwyns. Diese besteht nicht nur aus Menschen, wenn auch zum größten Teil. Die größte nichtmenschliche Rasse in Æmberwyn sind die Elfen. Sie stellen ein Viertel der Bevölkerung. Dann gibt es noch zwei kleine Zwergensippen in den Bergen, die jedoch selten jemand zu Gesicht bekommt, der nicht Handel treibt. Außerdem durften sich in Æmberwyn zwei Orkstämme niederlassen, die als seßhaft und halbwegs zivilisert gelten. Entsprechend findet man auch in größeren Städten vereinzelt einen Ork. Diese werden aber noch immer mißtrauisch beäugt und verrichten meist nur niedere Tagelöhnerdienste oder verdingen sich als Söldner bei der Armee. Andere Rassen in diesem Sinne sind in Æmberwyn nicht heimisch, wohl hat man aber schon von Echsenwesen gehört. Der größte Teil der Bevölkerung in Æmberwyn sind Bauern, was sich auf das feudale Lehenssytem zurückführen läßt. Über den Bauern erhebt sich eine kleine Schicht Adliger. In den Städten selbst leben die meisten Handwerker und Kaufleute, deren Stand als Bürger bezeichnet wird. Schließlich haben auch noch Klerus und Magier einen eigenen Stand.